In der Serie CROSSOVER lotet der Berliner Fotokünstler Thomas Nitz die Machbarkeit und Grenzüberschreitung in der abbildenden Fotografie aus und setzt sich experimentell damit auseinander. Nicht mehr das fotografische Abbild dominiert, sondern die Suche nach dem Mittel zur Erzeugung bildhafter Realität. Wo das Fotografische sonst zum Zweck des Erhalts des Abbilds abgestuft wird, ist der eigentliche Inhalt das Zeichnerische in Verbindung mit dem fotografischem Bild. Nitz stellt mit seiner Arbeit die grundsätzliche Frage nach dem Wert des Endprodukts Bild. 

Thomas Nitz bewegt sich zwischen Malerei und Fotografie. In seinen Shootings steht am Anfang stets die Zeichnung. Er malt die Modelle mit groben Mitteln wie etwa Grillkohle auf eine 1,6 m x 1,6 m große Leinwand. Erst dann wird in einer Langzeitbelichtung das Modell vor die Zeichnung platziert und belichtet. Zum Einsatz kommt dabei die vom Fotografen selbst konstruierte „Darkbox Camera“. Die 100 Jahre alte Holzkamera mit angebauter Dunkelkammer als Rückteil belichtet Papiernegative im Format 13 x 18 cm, die danach sofort entwickelt werden können. Das Ergebnis ist so bereits Minuten nach der Aufnahme sichtbar. Die Negative printet Thomas Nitz im Kontaktverfahren mit flüssiger Fotoemulsion auf selbst beschichteten Karton. Das Besondere: Die vorab angefertigten Zeichnungen werden nicht etwas aufgehoben und katalogisiert, sie werden nach jeder Sitzung vernichtet – sie werden schlichtweg übermalt. Was übrig bleibt ist nur ein Negativ , welches als „lost“ wieder fotografisch auftaucht. 

Die so entstandene Unikate verwehren sich jeder Einordnung in Kategorien, sie agieren als Objekte. Die abgebildeten Personen verbinden sich mit der Zeichnung und zeigen als unscharfe Schatten ihre Präsenz.

In den Serien LOST und BRUT geht Thomas Nitz noch einen Schritt weiter ins Experimentelle.

In LOST setzt der Künstler ganz auf die Umkehrung der Werte. Er löst die Grenzen zwischen Malerei und Fotografie auf. Er schafft in Zeiten von unendlicher Reproduktion Unikate und vernichtet Vorzeichnungen, um sie nur noch in der entstandenen Fotografie am Leben zu lassen. Für die Fotos fertigt er grobe Skizzen, die fast schon in einer Art manischen Zeichenwut entstanden scheinen. Sie wirken wie aus einem überquellenden Zeichenblock entnommen, der in einem rasenden Anfall mit grob dahingemalten Skizzen gefüllt wurde. Rausch, Erotik, Wut – all das transportiert der Künstler letztlich in die Fotografien. Nachdem die Skizzen vernichtet wurden, bleibt die Fülle der Gefühle nur noch als Abbild in Erinnerung.

In BRUT geht Nitz an die Grenze der Ästhetik – und darüber hinaus. In einer bewussten Abgrenzung zur konventionellen Food Fotografie setzt der Fotograf auf das Pure, Rohe und Grobe. Er überschreitet die Grenze vom Appetitlichen zum Unappetitlichen und setzt das bewusst in Szene. Thomas Nitz setzt in dieser Serie ausschließlich auf Großbildtechnik in Schwarz-weiß und fotografiert ohne gezielte Beleuchtung immer frontal von oben. Mit dieser neuen Ausdrucksform bringt der Künstler die Food Fotografie in einem Bereich jenseits des Gefälligen, wo nicht zuletzt die Fantasie die Grenze zum Ekel überschreiten will.